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Dotschy Reinhardt - Pani Sindhu

Es ist eine Reise in die alte Heimat, während längst die Reise selbst zur Heimat geworden ist, eine Suche nach Wurzeln, die längst aus Mythen und Träumen bestehen. "Pani Sindhu" – das neue Album von Dotschy Reinhardt.


CD: Dotschy Reinhardt - "Pani Sindhu"


Katalog-Nr.: GMC049
Label: Galileo MC (LC-12661)
© + (P) 2012 Galileo M C
www.dotschy.com
Track List:
1. Djas
2. Pani Sindhu
3. Djido Pani
4. Panch Bar
5. Intro Qué Alegría
6. Qué Alegría
7. Prabhujee
8. Baro Raj-Baray Rani 
9. Main ne keha-Hi o kam bale wri
10. Walkabout

Soundfiles bei Musicline

Lineup:
Dotschy Reinhardt – Gesang
Christian von der Goltz – Klavier
Ravi Srinivasan – Tabla, Santoor, Mouth Percussion, Gesang
Andreas Henze – Kontrabass
Armando Chuh – Schlagzeug, Percussion

Wie kaum jemand anders aus dem weit verzweigten Sinti-Klan der Reinhardts, aus dem große Musiker wie Django und Schnuckenack Reinhardt hervorgegangen sind, beschäftigt sich Dotschy Reinhardt seit Jahren intensiv mit der Geschichte ihres Volkes. In ihre beiden ersten Alben "Sprinkled Eyes" und "Suni" ließ sie vereinzelt Gypsy-Jazz Elemente einfließen und entdeckte die Sinti-Sprache Romanes für sich. Außerdem schrieb sie ihre Geschichte und die ihrer großen Familie in einem Buch nieder ("Gypsy", Fischer Verlag).

"Pani Sindhu" ist ein neuer, mutiger Schritt auf ihrer Suche nach den eigenen Wurzeln und ein mutiger Schritt der Musikerin und Künstlerin Dotschy Reinhardt mit dem sie sich aus allen Erwartungen und Konventionen löst. Vor etwa 1000 Jahren verließen die Sinti ihre Heimat im alten Nordindien, warum, das weiß keiner ganz genau. Hier beginnt die Geschichte der Sinti als fahrendes Volk mit einer eigenen alten Hochkultur, das sich in der ganzen Welt verteilt, aber nirgendwo wirklich heimisch werden kann. Dotschy Reinhardt erzählt diese Geschichte der verlorenen Heimat und der Flucht noch einmal mit ihrer Musik. Gemeinsam mit Pianist und Arrangeur Christian von der Goltz, alten Wegbegleitern wie Alexey Wagner und Lancy Falta, sowie Indischen Musikern hat sie eine neue Sinti-Musik geschaffen, eine Mischung aus Indischen Rhythmen, Klängen und Stilen mit Jazz und Gypsy Swing. Diese Mischung klingt keineswegs wie belangloser Ethno-Jazz sondern authentisch, dringlich und völlig neuartig, perfekt in Szene gesetzt vom Berliner Produzenten Guy Sternberg.

Fast alle Lieder auf "Pani Sindhu" werden auf Romanes gesungen. "Dabei bin ich auf viele Begriffe gestoßen, die es in der Indo-Iranischen Sprache Urdu genau wie in Romanes gibt und die dieselbe Bedeutung haben", sagt Dotschy Reinhardt selbst. "Das war die erste Brücke, die ich zur indischen Kultur aufbauen konnte".

Im heutigen Pakistan liegt das "Königreich von Sindhu", die heutigen Bewohner nennen sich immer noch Sindhi. Der Name kommt vom Fluss Sindhu, der das Land durchzieht, in Indien heißt er Indus. Der Fluß ist für Dotschy Reinhardt ein Bild für die Geschichte ihres Volkes, für das Weiterziehen, die Ungewissheit. Daher hat sie dem Album den Titel "Pani Sindhu" - Fluss Indus gegeben. In den Texten des Albums geht es jedoch nicht nur um das große Ganze, nein, Dotschy Reinhardt interessieren die kleinen Geschichten hinter der Geschichte. Im Lied "Djas" (Lass und gehen) versetzt sie sich in eine Sinti-Familie hinein, die ihre Heimat Hals über Kopf verlassen muss und in "Panch Bar" (Fünf Murmeln) erzählt sie von zwei Sinti Kindern, die sich trennen müssen, weil eine Familie weiterzieht. So gelingt es Dotschy Reinhardt, uns mit der gesamten Kultur der Sinti vertraut zu machen, ihrer Geschichte, ihrer Gegenwart, ihrer Spiritualität, ihrem Alltag und allem voran: ihrer Liebe zur Musik.

Dotschy Reinhardt über Pani Sindhu

Mit der Realisierung dieses Albums ist ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Früh wurde mir klar, dass dieses Album ein sehr Persönliches sein wird. Bei der Studiosession durfte ich in einen Rausch großer musikalischer Verschmelzungen eintauchen. Dieser Rausch wurde nicht zuletzt wegen der Arrangements von Christian von der Goltz und der Sensibilität der anderen Musiker möglich: Sie haben genau hingehört und ließen mit der Vielschichtigkeit ihrer Interpretationen die verschiedenen Musikstile zu einem organischen Ganzen verschmelzen. Dabei ist etwas Neues entstanden.

Die Arbeiten und Recherchen zu dieser CD waren eine spannende und sehr gefühlsintensive Reise in die Vergangenheit der Sinti mit ihrer abenteuerlichen Wanderung aus dem frühen Indien nach Europa und in die ganze Welt. Mit dem Thema dieser mysteriösen Geschichte setzen sich viele Sinti auseinander. Bewusst oder unbewusst begeben sie sich auf Spurensuche nach Überbleibseln ihrer Geschichte, die sie mit dem Land ihrer Herkunft verbindet. Ich selbst habe am Anfang dieser aufregenden Reise die Spuren meiner indischen Wurzeln und Identität vor allem in der Sprache gefunden. Fast alle Songs sind daher in Romanes verfasst, den Gebrauch mir bekannter Lehnwörter habe ich vermieden. Dabei bin ich auf viele Begriffe gestoßen, die es in der indo-iranischen Sprache Urdu genau wie in Romanes gibt und die dieselbe Bedeutung haben - das war die erste Brücke, die ich zur indischen Kultur aufbauen konnte.

Viele Menschen haben in der Vergangenheit systematisch versucht, Sinti zu vernichten, die Wurzeln meines Volkes zu beschneiden oder gar auszulöschen. Jahrhunderte lange Verfolgung gehörte für Sinti zu ihrem Lebensalltag: Eine halbe Million Sinti und Roma wurden in Nazi-Deutschland aufgrund ihrer Herkunft ermordet. Ihren Stolz auf diese Herkunft zu brechen, gelang jedoch nicht. Sinti aus meiner Generation sind stolz darauf, Deutsche zu sein, und wir stehen zugleich zu unseren Wurzeln als Sinti. Sehen sie nicht als Widerspruch zu unserer deutschen Zugehörigkeit, sondern vielmehr als Bereicherung.

Sinti sind vor etwa 1000 Jahren aus dem alten Indien, der Region Sindh abgewandert. Weshalb genau, weiß niemand. Jedoch stammen Sinti aus einer Hochkultur und haben diese auch in all ihrer Schönheit während ihrer Wanderschaft in die Welt getragen. Haben sozialpolitisch und kulturell die Länder geprägt, in denen sie meist schon seit mehreren Jahrhunderten leben. Heute liegt "The Kingdom of Sindh" in Pakistan, wo es viele Menschen gibt, die sich "Sindhi" nennen. Namensgeber für diese Region ist der Fluss Sindhu, der vielen besser als Indus bekannt ist. In Sindh wird jährlich der "Sidhu Daya Day" gefeiert. Der Fluss ist eine Metapher für meine CD, der mich auf meiner Reise zu den verschiedenen Orten und Zeiten trägt und sich letztendlich in Schönheit auflöst. Bis man an dem Ort ankommt, den man seine persönliche Heimat nennt...